Mit dem Beitritt zum Internationalen Währungsfonds steht Liechtenstein vor einer wichtigen wirtschafts-, finanz- und sicherheitspolitischen Fragestellung. Ein ausführliches FAQ-Dossier bietet einen Überblick zu den wichtigsten damit verbundenen Fragen.
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Der IWF zählt 190 Mitglieder. Neben Liechtenstein sind nur Kuba, Nordkorea und Monaco derzeit nicht dabei. Es gibt somit keinen Finanzplatz von der Bedeutung Liechtensteins, der nicht Mitglied des IWF ist.
Liechtenstein ist finanziell solide aufgestellt und verfügt im Gegensatz zu den meisten Ländern über ein Nettovermögen. Dieses würde aber nicht ausreichen, um die Folgen einer grossen Finanzplatzkrise, eines schweren Erdbebens oder eines aussergewöhnlichen Rheinhochwassers zu bewältigen. Obwohl die Wahrscheinlichkeit, dass ein solches Ereignis eintritt, gering ist, wären die Auswirkungen auf das Land fatal. Sich in guten Zeiten einen Partner mit der grösstmöglichen Kreditvergabekapazität zu suchen, ist nichts anderes als solides Risikomanagement. Liechtenstein stellt damit die Handlungsfähigkeit des Staatsapparats auch im Notfall sicher.
Das ist so. Die Wahrscheinlichkeit einer Finanzkrise, eines Erdbebens oder Rheinhochwassers ist zwar klein, die Schadensausmasse wären hingegen verheerend. Im Privaten verhalten wir uns ebenfalls vorausschauend und schliessen frühzeitig eine Versicherung ab. Auch wenn das Szenario unwahrscheinlich ist, wie z.B. bei einem Hausbrand. Nur darauf zu hoffen, dass etwas nicht passiert, ist für einen Staat fahrlässig.
Der geschätzte finanzielle Gesamtschaden beläuft sich gemäss aktueller Gefährdungs- und Risikoanalyse des Bevölkerungsschutzes bei einem Erdbeben auf CHF 15.6 Milliarden und bei einem Rheinhochwasser auf CHF 8.1 Milliarden. Beim Finanzplatz ist es so, dass die Aktiven des Bankensektors die liquiden Reserven auf Landesebene in Höhe von ca. CHF 2.5 Milliarden um einen Faktor von etwa 40 überschreiten. Dies zeigt eindrücklich die Dimensionen und damit die eingeschränkte Handlungsfähigkeit in einem solchen Fall auf.
In erster Linie liegt die Motivation eines IWF-Beitritts Liechtensteins in der Absicherung gegen Notfallsituationen, in denen der benötigte Liquiditätsbedarf die eigenen Möglichkeiten bei weitem übersteigen würde. Liechtenstein wird mit seinem kleinen Quotenanteil nur einen begrenzten Einfluss auf den IWF nehmen können. Wenn man aber am Tisch sitzt und mitdiskutieren kann, kann man mehr Einfluss nehmen, als dies bei einer Nicht-Mitgliedschaft der Fall wäre.
Das EWR-Land Island wurde 2008 von der Finanzkrise hart getroffen. Die Vermögenswerte des Bankensektors entsprachen zu diesem Zeitpunkt dem Zehnfachen des Bruttoinlandprodukts, der Bankensektor war im Verhältnis damit sogar deutlich kleiner als jener in Liechtenstein. Mit einem Kredit von USD 2.1 Milliarden mit einer Laufzeit von zwei Jahren unterstützte der IWF den Wiederaufbau des zusammengebrochenen Bankensystems massgeblich und verhinderte somit einen Staatsbankrott, der Auswirkungen auf alle Teile der Gesellschaft gehabt hätte. Laut Aussagen von isländischen Vertreterinnen und Vertretern war neben der Liquiditätsunterstützung insbesondere auch das Krisenmanagement entscheidend, in dessen Rahmen die IWF-Experten die Währung stabilisieren und damit den grössten Schaden von der Volkswirtschaft abwenden konnten.
Island verfügt mittlerweile über mehr Vermögenswerte im Ausland als Verbindlichkeiten, hohe Devisenreserven und solide und gut kapitalisierte Banken. Das Land und die Volkswirtschaft haben sich dank des IWF-Kredits gut von der Finanzkrise erholt.
Von hoher Stabilität profitieren alle Menschen, die in Liechtenstein leben. Dazu zählen Sparerinnen und Sparer, ob sie nun über hohe oder niedrige Guthaben verfügen, sowie Hypothekarkreditnehmerinnen und -nehmer. Sie alle sind auf ein funktionierendes Bankensystem angewiesen. Profitieren werden aber auch die Rentnerinnen und Rentner, da sie – verdientermassen – Leistungen des Staates beziehen. Die Gewährleistung der Finanzstabilität ist eine Voraussetzung für eine funktionierende Volkswirtschaft. Dies wiederum ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass Rechnungen, Löhne etc. bezahlt werden können.
Eine Mitgliedschaftsgebühr fällt beim IWF nicht an, womit auch keine jährlichen Zahlungen erfolgen. Stattdessen investiert Liechtenstein in personelle Ressourcen, also in die Kontaktpflege mit dem IWF und in die Koordination der Aufgaben sowie in den Aufbau von Statistiken, die der Wirtschaft und dem Staat überaus nützlich sein werden. Die Wertschöpfung verbleibt somit im Land.
Die jährlich wiederkehrenden Kosten von CHF 500'000.- entsprechen rund einem halben Promille der jährlichen Staatseinnahmen von gut einer Milliarde Franken. Auf einen Privathaushalt mit einem Jahreseinkommen von CHF 85’000 übertragen, wären das Kosten von weniger als 50 Franken pro Jahr.
Es handelt sich dabei nicht um persönliche Daten, sondern um aggregierte Wirtschaftsdaten, die es ermöglichen, die Entwicklung der liechtensteinischen Volkswirtschaft und des Finanzplatzes zu analysieren. Der IWF fördert mit seinen Datenstandards die zeitnahe und disziplinierte Veröffentlichung von Wirtschaftsdaten und damit auch den für unser Land spannenden und wichtigen Vergleich mit anderen Mitgliedsstaaten.
Der IWF tritt für seine Mitglieder technisch gesehen eigentlich nicht als Versicherer im klassischen Sinne auf. Es fallen keine jährlichen Prämienzahlungen an. Bei einem Schadensfall trägt der IWF auch nicht die Schadenssumme. Stattdessen nimmt der IWF die Rolle des ‘Kreditgebers letzter Instanz’ ein und stellt damit kurzfristige Liquidität zur Verfügung, die in einer Krise absolut entscheidend ist.
Darin liegt auch genau das Problem. Ein Land ohne funktionierenden Zugang zum Kapitalmarkt wird in einer Krisensituation erst recht keine Geldgeber finden. Mit dem IWF-Beitritt sichert sich unser Land den Zugang zu einem verlässlichen Partner mit der grösstmöglichen Kreditvergabekapazität aus einer Position der Stärke. Der Gedanke, in einer der aufgezeigten Notfallsituationen kurzfristig und unter hoher Unsicherheit eine ausreichend grosse Liquiditätsspritze von einem Kreditgeber zu bekommen, ist illusorisch.
Diese Frage kann klar mit einem Nein beantwortet werden. Die zu hinterlegende Reserveposition wird den liquiden Mitteln des Landes entnommen, die rund 2,5 Milliarden Franken betragen. Zudem könnte diese Reserveposition bei Bedarf auch jederzeit wieder abgerufen werden. In der Zwischenzeit wird sie zu marktüblichen Konditionen verzinst.
Es ist effektiv so, dass der IWF gemäss Vereinbarung zusätzliche CHF 90 Millionen abrufen könnte, was aufgrund von Erfahrungswerten aber sehr unwahrscheinlich ist. Zudem könnte dafür – ohne weitere Kosten für Liechtenstein – die vom IWF an die Mitglieder bereitgestellte Liquidität (sogenannte Sonderziehungsrechte) verwendet werden, es wäre also keine weitere Transaktion an den IWF notwendig. Wichtig ist auch, dass die gesamte Einlage jederzeit wieder abgerufen werden kann, sie ist also mit einer Einlage bei einer Bank vergleichbar. Einer ebenfalls nicht auszuschliessenden künftigen Quotenerhöhung müsste wiederum der Landtag zustimmen. Der IWF könnte diese nicht einseitig beschliessen und dem Land Liechtenstein aufzwingen.
Diese Kritik kommt immer wieder auf und muss ernst genommen werden. In einer Krisensituation ist es auch für den IWF nicht einfach, die Finanzpolitik eines Landes wieder auf einen nachhaltigen Pfad zu führen. Wichtig ist, dass der IWF in der Vergangenheit – z.B. im Rahmen der europäischen Schuldenkrise – durchaus selbstkritisch war, und diesen Kurs auch während eines IWF-Programms immer wieder angepasst hat. Gleichzeitig ist es wichtig, im Rahmen eines Programms Massnahmen zu ergreifen, welche die öffentlichen Finanzen wieder auf einen nachhaltigen Pfad führen.
Für Liechtenstein würde dies aber ohnehin kaum eine Rolle spielen. Die Finanzpolitik ist sehr nachhaltig, allerdings kann das Land durch einen externen Faktor – z.B. eine Naturkatastrophe oder eine Finanzkrise – in eine Krise schlittern. In beiden Fällen würde der IWF wohl kaum eine Strukturanpassung verlangen, da es in erster Linie um eine kurzfristige Liquiditätsunterstützung ginge.
Liechtenstein bräuchte in einem Krisenfall in erster Linie kurzfristige Liquidität, um nicht in Zahlungsschwierigkeiten zu geraten, insbesondere in zwei Szenarien:
